Blindensiedlung

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Ehemalige Blindensiedlung
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Die Blindensiedlung (seltener: Blindenkolonie) war eine Bezeichnung für mehrere Wohnhäuser für Sehbehinderte an der nordwestlichen Straßenseite des Oberen Bogenweges. Es handelte sich dabei um zweigeschossige, unterkellerte Doppelhäuser mit Walmdächern. Die Gebäude stehen auch heute noch, es handelt sich jedoch nicht mehr um Blindenhäuser, sondern um normale Wohnhäuser.

Geschichte

Seinen Anfang nahm die Geschichte der Blindensiedlung mit einem Spaziergang: Der Kriegsblinde Josef Friedel ging im Frühjahr 1924 mit seiner Frau Auguste spazieren. Im Bereich des heutigen Oberen Bogenweges gefiel es dem Sehbehinderten sehr gut, da hier am Rande des Sieboldswäldchens die Luft sehr gut war. Trotz fehlender Infrastruktur in jeder Hinsicht entschloss sich Friedel, hier zu bauen. Er versuchte andere Menschen von seinem Vorhaben zu überzeugen und konnte letztlich fünf bauwillige Leute finden. Diese waren größtenteils ebenfalls sehbehindert. Da Friedel in der Regierung von Unterfranken tätig war, gelang es ihm auch relativ schnell, die Stadtverwaltung von seinem Vorhaben zu überzeugen.

Da die meisten zukünftigen Bauherren über kein Eigenkapital verfügten, übernahm die Bayerische Siedlungs- und Landesbank GmbH als Hauptkreditgeber die Bauträgerschaft. Bei der Gesellschaft handelte es sich um ein gemeinnütziges Siedlungsunternehmen für den Freistaat Bayern im Sinne des Reichssiedlungs- und Reichsheimstättengesetzes, das eigentlich überwiegend im ländlichen Raum tätig war. Sie übernahm auch die Formalitäten und Veräußerung der neuen Heimstätten: Es gab sechs Grundstücke mit einer Größe von jeweils 600 Quadratmeter, die für je 1.000 Goldmark verkauft wurden. Eine Doppelhaushälfte kostete 12.776 Goldmark. Auch wenn der Ausbau des Bogenweges erst später erfolgte, setzte die Stadt vorsorglich eine Hypothek von 500 Goldmark für Straßenbaukosten an. Die Häuser der Blindensiedlung waren in der Anfangszeit lediglich über einen schmalen Pfad erschlossen. Für die Bewohner der Gebäude war der Weg in die Stadt hinunter deshalb eine mühsame, holprige Angelegenheit.

Ende März 1925 konnten nach einem Dreivierteljahr Bauzeit die ersten Häuser bezogen werden: Es handelte sich um die Doppelhäuser mit den Hausnummern 21/23, 25/27 und 29/31. 1928 folgte die Hausnummer 33. Kaufmann Hans Fischer verbesserte die Infrastruktur merklich, indem er im Haus Bogenweg 31 Lebensmittel und Bedarfsgegenstände vertrieb. Fischer eröffnete außerdem 1929 ein Milchhäuschen mit Kolonialwarenhandel nahe des Sanderheinrichsleitenweges.

Im Zweiten Weltkrieg richtete die Wehrmacht in der Hausnummer 25 einen MG-Gefechtsstand ein, um die anrückenden Amerikaner auf Distanz zu halten. In der Folge wurden die Häuser der Kolonie von den Amerikanern unter anderem mit Granatwerfern und Phosphorgranaten beschossen, wobei Hausnummer 25 komplett abbrannte und die anderen Häuser ebenfalls beschädigt wurden. Hausnummer 20 wurde durch Stabbrandbomben schwer beschädigt. Ende der 1940er Jahre wurden die Schäden wieder behoben.

Die Blindenhäuser existieren bis auf kleinere bauliche Veränderungen noch im Originalzustand. Entlang der Straße entstanden im Laufe der Zeit auch noch weitere Häuser, die nicht Teil der Blindensiedlung waren: 1947 entstand Hausnummer 19/I, 1951 Hausnummer 19/II. Hausnummer 35 entstand in der heutigen Form im Jahr 1990.

Siehe auch

Quellen

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