Societas Pro Arte Herbipolensis
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Die Societas Pro Arte Herbipolensis (dt.:Gesellschaft für die Kunst Würzburgs) war eine der ersten Bürgerinitiativen der Nachkriegszeit in Würzburg.
Auslöser der Auseinandersetzung
Die mit dem Wiederaufbau des Domes beauftragten Architekten, Professor Hans Döllgast] aus München und der Würzburger Dombaumeister Hans Schädel, legten im August 1956 einen Plan vor, der ihnen bei den Opponenten den Vorwurf eintrug, sie wollten das Gotteshaus "re-romanisieren". Die Architekten wollten, im Sinne einer liturgischen Reformbewegung in der katholischen Kirche, den Hochaltar aus dem Chor in die sogenannte "Vierung" vorverlegen, also in die Kreuzung zwischen Längs- und Querschiff. Durch diese Verlegung soll der Abstand zwischen dem zelebrierenden Priester und der Gemeinde, die nun von drei Seiten zusehen kann, verringert werden. In den Chor, der bisher den Hochaltar beherbergte, soll der Bischofsthron verbracht werden, die Außenfenster des Chores würden zum Teil zugemauert. Die barocken Stuckornamente von Pietro Magno aus dem Jahr 1700 im Innern des Domes aber waren inzwischen, soweit sie überhaupt erhalten waren, entfernt worden oder sollten noch entfernt werden.
Geschichte
Die Initiative wurde von Kunsthistoriker Dr. Rudolf Edwin Kuhn 1957 gegründet. Ab 1959 war Adalbert Jakob Sprecher der Initiative.
Zielsetzung
Zielsetzung der Gruppierung war, den beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 zerstörten Kiliansdom in seiner barocken Ausstattung wieder aufzubauen. Damit standen sie in Opposition zu den Plänen des Domkapitels, das den Entschluss fasste, die Kirche "ganz nach den Erfordernissen des Gottesdienstes wiederherzustellen". Die Erfordernisse des Gottesdienstes aber sollen, im Sinne einer Reform durch die Liturgie, grundsätzliche Veränderungen im Innern des Domes rechtfertigen, denen der bisherige Barockschmuck weichen müsse. Gegen diesen Beschluss des Domkapitels erhob ein Teil der Würzburger Bevölkerung erheblichen Protest, der fachlich von einer Eingabe namhafter Kunsthistoriker und Denkmalspfleger gestützt wurde. In einem Brief an das Domkapitel bezeichneten prominente Fachleute den Plan des Domkapitels als einen "nicht zu verantwortenden Eingriff in den Bestand und den Charakter des Bauwerks". Die Barock-Ornamente, soweit sie erhalten geblieben sind, seien ein "untrennbarer und wesentlicher Bestandteil des Raumes". Ihre willkürliche Entfernung nehme dem Dom "den starken Atem des geschichtlich gewachsenen Gotteshauses und stemple es gleich einem Museum zum Willensprodukt des Zeitgeschmacks".
Publikationen
Auf Flugblättern stand, die Pläne des Domkapitels seien "eine Barbarei zwölf Jahre nach der Zerstörung der Stadt Würzburg" und die Forderung: "Diejenigen, die den Dom einmal bevölkern sollen, dürfen verlangen, gehört zu werden."
Ende der Auseinandersetzung
Üblicherweise wäre zuständige Behörde, der im Streit um die Erhaltung und Wiederherstellung von etwa 5000 Quadratmetern Barock-Stuck das letzte Wort zusteht, das bayrische Landesamt für Denkmalspflege: Im Laufe der Säkularisierung waren Baudenkmäler, und so auch der Würzburger Dom, in Staatsbesitz übergegangen. Das Denkmalsschutz-Amt hatte sich denn auch vor einiger Zeit in einem Gutachten für die Erhaltung des Barock-Schmuckes ausgesprochen und angemerkt, die Ornamente des Pietro Magno hätten "überhaupt erst den grandios-feierlichen Raumeindruck gewährleistet". Zur Überraschung der Öffentlichkeit ergab sich aber, dass die Zuständigkeit des Landesamtes für Denkmalpflege beim Wiederaufbau des Würzburger Doms eingeschränkt ist: Als Bauherren fungieren nicht die bayrischen Staatsbehörden, sondern Bischof und Domkapitel. Im Jahre 1955 hat der Staat, von der Öffentlichkeit unbemerkt, seine Grundbuchrechte am Würzburger Domkomplex an das Domkapitel überschrieben und damit seine Eigentumsrechte an die Kirche zurückgegeben. Die Pflicht, den Wiederaufbau des Domes zu finanzieren, hat der Freistaat Bayern jedoch behalten, wie aus dem Konkordat aus dem Jahr 1924 zwischen dem Vatikan und dem Freistaat Bayern hervorgeht: Von den etwa acht bis zwölf Millionen Mark, die für den Wiederaufbau veranschlagt waren, hatte der Bayrische Landtag inzwischen etwa zweieinhalb Millionen als erste Zahlungen bewilligen müssen und die Pläne des Domkapitels wurden realisiert.