Kurie Tannenberg

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Ehemaliger Standort der Kurie Tannenberg am Paradeplatz 2
Ehemaliger Standort der Kurie Tannenberg mit Blick in die Ebracher Gasse
Lage der Würzburger Domherrnhöfe (Stand 1823)

Die Kurie Tannenberg (auch: zum wilden Schweinskopf [1], curia scolastici [2]) war ein Domherrnhof in der Würzburger Altstadt und wurde beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 fast völlig zerstört.

Lage

Die Kurie Tannenberg lag an der Südwestseite des Paradeplatzes. Nach Südosten schloss in der Ebracher Gasse die Kurie Vituli an, nach Westen in der Domerschulgasse die Kurie Heideck.

Die alte Bezeichnung war Distrikt III, Nr. 82 [3], heute Paradeplatz 2.

Namensgeber

Scholaster [4], die im Besitz der auch als curia scholastici genannten Kurie Tannenberg waren Albert (ohne Familiennamen) (1203) und Walther von Tannenberg (1220).

Die benachbarten Kurien Vituli und Tannenberg bildeten über einen bestimmten Zeitraum einen gemeinsamen Besitz der Familie von Tannenberg. Eigentlicher Namensgeber war Konrad von Tannenberg, um 1295 Kanoniker am Stift Neumünster. [5]

An der Westecke des Hoftores war ein holzgeschnitzter Eberkopf angebracht, weshalb das Haus auch den Namen „zum wilden Schweinskopf“ erhielt. [6]

Geschichte

Der Hof Tannenberg erhielt im Jahre 1220 eine von dem Domdechanten Rudolf von Hürnheim gestiftete Vikarie mit Kapelle. Im 15. Jahrhundert war der Hof von den Domherren aus dem alten fichtelbergischen Rittergeschlecht derer von Redwitz bewohnt. Domherr Johann Pankraz von Redwitz ließ in der Ecke des Hauses sein Wappen mit der Jahreszahl 1499 anbringen. Im Jahre 1563 war im Hofe Wilhelm von Stein zu Altenstein, Kampfgenosse Wilhelm von Grumbachs, einquartiert. Domherr Wilhelm Schutzpar, genannt Milchling, stellte den Hof 1575 in seiner Gestalt vor dem Zweiten Weltkrieg her. Zur Erinnerung daran wurde das Wappen des Domherrn im Innern des Hofes angebracht und ferner zahlreiche Wappen, die sich am Dachgesimse befanden.

Vom Jahre 1649 bis in die 1670er Jahre bewohnte den Hof Tannenberg als Domkapitular Peter Philipp von Dernbach. Diese Zeit waren glanzvolle Tage für den Bau. Von Dernbach war von heiterer Gemütsart und unverwüstlichem, guten Humor, den Freuden der Tafel zugetan und auch kein Feind der holden Weiblichkeit. Deshalb nannten ihn die Würzburger Bürger nur den „Peter Lustig“ und er behielt den Namen auch als späterer Bischof und Landesherr.

Historische Abbildungen

Baubeschreibung

Nach der Uraufnahme [3] bildete die Kurie Tannenberg die südliche Begrenzung der großen Platzfläche hinter dem Dom, dem heutigen Paradeplatz. Es zeigt sich eine Gruppierung verschiedener Gebäude um einen sehr unregelmäßig zugeschnittenen Hof: eine Dreiflügelanlage mit einem im Nordeck verstärkten mittleren Schenkel richtet sich gegen zwei ungleich breite Trakte an der Südwestgrenze, zu der das südöstliche Gebäude eine „enge Reihe“ entstehen lässt. Die Verbindung dieser beiden Hofteile stellt im Nordwesten eine Mauer her, im Südosten ein kleines Nebengebäude. Einen Gartenteil besaß die Kurie Tannenberg nicht.

Die Bauzeichnung von 1869 zeigt als Hauptgebäude den dreigeschossigen Nordosttrakt mit zwei vierstufigen Treppengiebeln, südwestlich davon in gleicher Geschosszahl, aber mit senkrecht dazu stehender Firstrichtung, eine breiteres Gebäude.

► Eine detaillierte Baubeschreibung der Kurie Tannenberg ist dem Buch von Jörg Lusin (siehe Abschnitt „Quellen und Literatur“) zu entnehmen.

Wappenreihe

Die Besonderheit des Hofes war eine Reihe von Wappen, die sich am Schutzbrett des Dachsimses hinzog. Diese Malerei rührte her von bereits genannten Domherrn Wilhelm Schutzbar, welcher den Hof 1557 unter der Regierung von Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn bewohnte. Wahrscheinlich zum Andenken an seine ein Jahr vorher erfolgte Ernennung zum Domscholaster liess er 1575 an das Dachgesims das Wappen seines Bischofs sowie die Wappen seiner 20 Konfratres und der damals 32 Domherrn malen.

Nach der Säkularisation

Ein späterer Besitzer des Hauses, Oskar Freiherr von Zieglei, ließ 1893 den Hof renovieren und einen Schweinskopf an der Ecke des Hofes anbringen. Danach war der Hof im Besitz des Fotografen M. Bauer. 1870 befand sich hier der Sitz des Generalkommandos, danach bis 1912 das zahnärztliche Universitätsinstitut. Um 1900 ließ sein Besitzer Baron Oskar von Ziegler die Nordwand durch den Maler Herbst im Geist italienischer Renaissancefassadenmalerei bemalen und über dem Torbogen das Zieglersche Familienwappen anbringen. Ferner war in dem Hause die am 1. Oktober 1907 gegründete Universitätspoliklinik für Haut-und Geschlechtskrankheiten untergebracht. 1937 beherbergte das Anwesen im Erdgeschoss das Photo-Haus M. Bauer & Co.. [7]

Der Bau der Kurie Tannenberg sollte trotz seines ruinösen Zustandes nach dem Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 wiedererstehen. Der Wiederaufbau scheiterte an der Baulinienveränderung in der Domerschulstraße, die wesentlich verbreitert wurde. Auch das Landesamt für Denkmalpflege sah keine Möglichkeit zur Erhaltung, da „die Umgestaltung des Domes nach den Plänen der Stadt ... städtebaulich neugestaltet werden (muß)“, „Curia wegen Straßenverbreitung aufzugeben“. Die Verbreiterung der Domerschulstraße war u.a. eine Folge der Überbauung der Domnordumfahrung durch die Sparkasse. Der Paradeplatz verlor dadurch seine Geschlossenheit. [8]

Heutige Zeugnisse

Von der einstigen Kurie ist noch ein steinernes Wappen vorhanden. Das nach dem Zweiten Weltkrieg neu erbaute Gebäude beherbergt heute unter anderem das Ristorante Bei Peppino.

Siehe auch

Quellen und Literatur

Einzelnachweise, Hinweise und Erläuterungen

  1. Nach einem holzgeschnitzten Eberkopf an der Westecke des Hoftores.
  2. Die Bezeichnung einer Domherrnkurie nach einer Dignität im Domkapitel wie „curia scolastici“ wurde nicht für längere Zeit für einen bestimmten Hof benutzt, sondern galt nur für die Dauer des Besitztums des entsprechenden Dignitärs.
  3. 3,0 3,1 Uraufnahme im geoportal.bayern.de/bayernatlas
  4. Der Scholaster ist der Leiter einer Stiftsschule. Er gehört zu den Dignitäten, d. h. den herausragenden Ämtern und Würden eines Stifts. In der Rangfolge steht er an dritter Stelle nach dem Propst und dem Dechanten, den er im Falle einer Vakanz auch vertritt. Entsprechend ist der Domscholaster (auch Domscholast, Domschulmeister, magister scholarum) ein Würdenträger des Domkapitels, der mit der Leitung der Kloster- oder Domschule betraut ist. (Quelle: Wikipedia)
  5. Alfred Wendehorst, Germania Sacra NF 26, Bistum Würzburg, 4. Das Stift Neumünster in Würzburg, de Gruyter, 1989, S. 469
  6. Felix Mader: Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern. Band XII, Hrsg.: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, R. Oldenbourg Verlag München/Wien, Würzburg 1915, S. 585
  7. Würzburger Wohnungsbuch 1937. Universitätsdruckerei H. Stürtz AG, Würzburg 1936, S. 263
  8. Jörg Paczkowski: Der Wiederaufbau der Stadt Würzburg (Peller-Liste). Mainfränkische Studien Band 30, Hrsg: Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V., Würzburg 1982, S. 285

Kartenausschnitt

Ehemaliger Standort
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