Kurie Rödelsee

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Ehemaliger Standort der Kurie Rödelsee an der Ecke Paradeplatz/Ebracher Gasse
Ehemaliger Standort der Kurie Rödelsee am Paradeplatz
Lage der Würzburger Domherrnhöfe (Stand 1823)

Die Kurie Rödelsee (auch: Rotelse orto adjacente, curia infra cuius ambitum est capella Omnium Sanctorum [1], Würtzburgischer Hof [2]) war ein Domherrnhof in der Würzburger Altstadt.

Lage

Die Kurie Rödelsee befand sich hinter dem Kiliansdom am Paradeplatz nördlich der Einmündung der Ebracher Gasse. Auf der Gegenseite lag die Kurie Vituli, an den Hofteil schloss sich östlich die Kurie Sternberg an, den Gartenteil umgab im Osten und Norden die Kurie Grindlach und zur Weide.

Die alte Bezeichnung war Distrikt III, Nr. 81 [3], die neue Paradeplatz 4.

Namensgeber

Der Domherrnhof Rödelsee, eigentlich Rötelsee, ist nach dem Domkapitular Johannes von Rotensee benannt, der zwischen 1233 und 1241 genannt wird. 1251 ist er als Testamentsvollstrecker von Walter von Tannenberg bezeugt und starb am 8. Februar 1267.

Geschichte

Bis zum 15. Jahrhundert erscheint der Hof unter der Bezeichnung „Rödelsee“ nicht in den Urkunden, weshalb angenommen werden kann, dass dieser Name erst später üblich wurde. Gesichert scheint seine Identität mit der als „bei der Allerheiligenkapelle“ gelegene Kurie. [1]

In der Kurie Rödelsee wohnten zwei Truchseß von Wetzhausen, fünf Bibra, zwei Würtzburg usw. Die in dem Hofe gestandene, 1484 durch Kilian von Bibra erbaute Kapelle „zu der englischen verkundigung der hochgelobten junckfrauen Marie“ wurde 1865 zur Nutzung als Wohnung profaniert. 1525 diente der Hof im Bauernkrieg einem Bauernfähnlein als Herberge. 1563 hatte hier Wilhelm von Grumbach, als er Würzburg besetzt hatte, sein Hauptquartier aufgeschlagen. Im Dreißigjährigen Krieg 1632 bewohnte ihn der schwedische Kanzler Axel Oxenstierna und 1633 Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, während er zur Übernahme der Regierung im Herzogtum Franken hier weilte.

Dies alles spricht für die Qualität und Bedeutung der Kurie Rödelsee ebenso, wie seine ununterbrochene Verwendung als Wohnung des Dompropstes von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts. Gefundene Brandspuren lassen darauf schließen, dass der Hof vor 1654 einem größeren Brand zum Opfer gefallen war. Danach wurde der Hof wieder aufgebaut.

Historische Abbildungen

Baubeschreibung

In der Uraufnahme von 1832 [3] und vorausgegangenen Plänen von Kilian Bauer, der die Kurie Rödelsee sehr detailliert behandelt, ist der trapezförmige Umriss eines Gevierts mit ungleich tiefen Gebäuden erkennbar. Der Flügel zum Garten ist in der Nordostecke durch ein kurzes Gebäudeteil nach Süden verstärkt, ein zum Hof hin offener Raum im schmalen Westflügel könnte als Einfahrt gedeutet werden. Nach Nordosten schließt sich der ebenfalls trapezförmige, barock gegliederte Garten mit einem Rondell an, von dem vier kreuzförmig angelegte Wege ausgehen.

Den Zustand der Kurie Rödelsee vor dem eingreifenden Umbau des 19. Jahrhunderts hält noch die Uraufnahme von 1832 fest [3]. Im Wesentlichen erscheint die Grundrissform unverändert, lediglich an der nordöstlichen und der südwestlichen Hofseite sind kleinere Nebengebäude entstanden.

► Eine detaillierte Baubeschreibung der Kurie Rödelsee ist dem Buch von Jörg Lusin (siehe Abschnitt „Quellen und Literatur“) zu entnehmen.

Nach der Säkularisation

Nach der Säkularisation erwarb den Hof 1807 Freiherr Lothar Franz von Fechenbach, der ihn als letzter Domherr bewohnt hatte. Von 1815 bis 1817 wurde für die in Würzburg liegenden russischen Soldaten in der Kapelle orthodoxe Gottesdienste abgehalten. 1851 wurde die ehemalige Kurie durch den damaligen Besitzer, den Landtagsabgeordneten und Universitätsprofessor Dr. Johann Nepomuk Narr umgebaut, das Vordergebäude gänzlich abgerissen und verändert aufgebaut. [4] Dabei wurde auch die Grundstücksgrenze und Bauflucht an der Ecke Paradeplatz/Ebracher Gasse verschoben. 1875 ist im Gartenteil entlang der Grenze zum Paradeplatz unter dem neuen Besitzer Dr. Ehrenburg eine Ladenzeile („Ehrenburg'scher Basar“) entstanden. Längere Zeit war der Hof im Besitze des Gynäkologiprofessors Wilhelm Scanzoni von Lichtenfels. Auch Universitätsprofessor Dr. Carl Wilhelm Schönborn bewohnte das Gebäude. Nach dessen Tod 1906 kaufte es die Postverwaltung für die Oberpostdirektion Würzburg, die es 1923 umbaute und erweiterte.

Heutige Zeugnisse

Von der einstigen Kurie ist noch eine Alabastergruppe [5] und der datierte Portalstein der ehemaligen Kapelle vorhanden. Heute ist das Gebäude, das nach dem Zweiten Weltkrieg neu erbaut wurde und zwischen 1950 und 1994 das Hauptpostamt beherbergte, im Besitz einer privaten Vermögensgesellschaft.

Siehe auch

Quellen und Literatur

Einzelnachweise, Hinweise und Erläuterungen

  1. 1,0 1,1 Die genaue Lage dieser schon 1528 abgerissenen Allerheiligenkapelle war noch bis in unser Jahrhundert unklar, nur sehr vage beschrieben mit „am Paradeplatze, in der Nähe des Doms“. Die überraschende Auffindung ihrer Fundamente bei der Ausschachtung für ein Löschwasserbecken 1944 legen den Standort der Allerheiligenkapelle genau fest. Die Lage dieser Kapelle macht deutlich, dass bei der angesprochenen Beschreibung nur die ihr unmittelbar gegenüberliegende Kurie Rödelsee gemeint sein kann.
  2. Nach der Familie von Würtzburg, die den Hof um 1600 besaß. (Quelle: Sebastian Zeißner: Die Curia Rötelsee in Würzburg. In: Jahrbuch des Frankenbundes 1940, S. 40)
  3. 3,0 3,1 3,2 Uraufnahme im geoportal.bayern.de/bayernatlas
  4. Stadtarchiv Würzburg, Bauakte Paradeplatz 4
  5. Die Verkündigungsgruppe aus Alabaster im Hochalter der Kapelle ist noch im Bayerischen Nationalmuseum in München erhalten.

Kartenausschnitt

Ehemaliger Standort
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