Karl Adolf Christian Jakob Gerhardt

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Karl Adolf Christian Jakob Gerhardt

Prof. Dr. Karl Adolf Christian Jakob Gerhardt - auch Carl Adolph (Christian Jacob) Gerhardt und Carl Jakob Christian Adolf Gerhardt - (* 5. Mai 1833 in Speyer; † 22. Juli 1902 in Gamburg/Tauber) war Internist und Professor an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg sowie Geheimrat, Professor und Rektor an der Universität von Berlin. Bekannt wurde er vor allem auch als Kinderarzt und Kehlkopfspezialist.

Leben und Wirken

Schon während seiner Schulzeit ent­wickelte Gerhardt ein ausgeprägtes Interesse für Naturwissenschaften und besuchte daher neben dem Gymnasium Chemie- und Physikkurse der Gewerbeschule in Speyer. Er studierte von 1850 bis 1856 an der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg und wurde 1856 promoviert. Seine akademischen Lehrer waren neben anderen der Pathologe Heinrich von Bamberger, Joseph Johann von Scherer, der schon bei einem Besuch in Speyer auf den begabten Abiturienten aufmerksam geworden war, und Koelliker, der ihm nach dem Studium eine neugeschaffene Assistentenstelle an der medizinischen Poli­klinik bei Franz von Rinecker verschaffte, die Gerhardt am 15. März 1856, noch fünf Monate vor seiner Promotion, antrat. Hier entwickelte er eine so umfangreiche Tätigkeit, dass er auf Grund einer Beschwerde der niedergelassenen Ärzte wegen der zu großen Praxis der Poliklinik einen Verweis von der Regierung von Unterfranken erhielt. Ab 1858 war er Assistenzarzt und Privatdozent in Tübingen.

Professor in Würzburg

1860 kehrte er nach Würzburg zurück, wo er sich, begünstigt durch seinen Freund und Lehrer Rinecker, am 26. März 1860 habilitierte. [1] [2] Am Juliuspital führte er die von Marcus und Franz von Rinecker ins Leben gerufene Universitäts-Kinderklinik als Abteilung weiter. [3] 1861 wurde er Extraordinarius und 1862 Ordinarius und Direktor der Medizinischen Klinik in Jena. Er erhielt 1872 in gleicher Funktion eine Anstellung in Würzburg, wo unter seiner Leitung die Medizinische Klinik des Juliusspitals einen neuen Hörsaal erhielt. In Würzburg lehrte er unter anderem den Gebrauch des Kehlkopfspiegels. [4].

1885 folgte Gerhardt einem Ruf nach Berlin an die Charité, wo er als Direktor der Klinik Ende März 1887 zur Untersuchung und Behandlung eines Kehlkopfleidens von Kronprinz Friedrich Willhelm hinzugezogen wurde. [5] [6] Zwei seiner später bedeutendsten Schüler waren der Bakteriologe und Wiener Kinderarzt Theodor Escherich und der Münchner Internist Friedrich von Müller [7]. Carl Gerhardts Nachfolge am Juliusspital übernahm Wilhelm Olivier von Leube, der auch die „Juliusspitälische“ Kinderabteilung [8] weiterführte. Später in Würzburg tätige Assistenten von Gerhardt waren in Berlin Otto Seifert [9] und Georg Matterstock. [10].

Publikationen

Seine Publikationen umfassten Arbeiten über den Kehlkopfcroup, Kinderkrankheiten, die Auskultation und Perkussion (nach ihm ist der Gerhardtsche Schallwechsel benannt) sowie die Klinische Chemie (Gerhardtsche Reaktion: Eisenchlorid-Reaktion zum Nachweis von Acetessigsäure im Urin). [11] [12]

Zwischen 1877 und 1896 gab er ein mehrbändiges „Handbuch der Kinderkrankheiten“ unter Mitarbeit von Georg Matterstock, Julius von Michel und Anton Friedrich von Tröltsch heraus. [13] [14]

Familiäre Zusammenhänge

Verheiratet war Gerhardt mit Wanda von Barby. Der Sohn Dietrich Gerhardt wurde ebenfalls Arzt und übernahm 1911, als Nachfolger von Wilhelm Olivier von Leube, den Lehrstuhl seines Vaters. [15]

Forschungsgebiet

Der Internist Gerhardt galt als hervorragender klinischer Lehrer und Diagnostiker. Er führte die physikalische und chemische Diagnostik ein und entwickelte diese weiter. Gerhardt begründete die Lehre der Kehlkopflähmungen, war maßgeblich an der Verbreitung der Laryngoskopie (Untersuchung des Kehlkopfs mit einem Spiegel) beteiligt, und setzte sich für die Bekämpfung der Tuberkulose ein.

Rektor der Universität

Von 1883 bis 1884 war Gerhardt Rektor der Universität.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Carl Gerhardt: Erinnerungsblätter für die Seinen, als Handschrift gedruckt bei E. S. Mittler, Berlin 1903, S. 32
  2. Joachim Gerlach: Carl und Dietrich Gerhardt. Beiträge zur Würzburger Medizingeschichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 4 (1986), S. 105-134, S. 111
  3. Reinhard Jeschke: Meilensteine in der Geschichte der Universitäts-Kinderklinik Würzburg. Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 20 (2001), S. 96-107; S. 99 (Online-Version)
  4. Joachim Gerlach, a.a.O., S. 110
  5. Carl Gerhardt: Erinnerungsblätter für die Seinen, als Handschrift gedruckt bei E. S. Mittler, Berlin 1903, S. 104
  6. Joachim Gerlach, a.a.O., S. 114-116
  7. Wikipedia-Artikel Friedrich von Müller
  8. Josef Ströder, unter Mitarbeit von J. Sauerbier und A. Derks: Zur Geschichte der Kinderheilkunde und der Kinderklinik der Universität Würzburg, in: Vierhundert Jahre Universität Würzburg. Eine Festschrift, hrsg. von Peter Baumgart, Verlag Degener & Co., Neustadt an der Aisch 1982, S. 897-908, S. 899
  9. Seifert (1853–1933) gab mit Gerhardts früherem Studenten Friedrich von Müller auf Veranlassung Gerhardts hin ein bis in die heutige Zeit verwendetes Taschenbuch der medizinisch-klinischen Diagnostik heraus. Der praktische Arzt, Privatdozent und Spezialist für Halsleiden hatte seine Praxis in der Domerschulgasse 5
  10. Joachim Gerlach, a.a.O., S. 117 f.
  11. Ralf Vollmuth und Gundolf Keil: Beständigkeit und Fortschritt: Die Würzburger Medizin im Spiegel der Jahrhunderte. Ein Beitrag zur Erstgründung der Universität Würzburg vor 600 Jahren, Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 22 (2003), S. 7-20, S. 15 f.
  12. Otto Dornblüth: Klinisches Wörterbuch, 13.-14. Aufl., hrsg. von Emil Bannwarth, Verlag von Walter de Gruyter & Co., Berlin und Leipzig 1927
  13. Josef Ströder, unter Mitarbeit von J. Sauerbier und A. Derks: Zur Geschichte der Kinderheilkunde und der Kinderklinik der Universität Würzburg, in: Vierhundert Jahre Universität Würzburg. Eine Festschrift, hrsg. von Peter Baumgart, Verlag Degener & Co., Neustadt an der Aisch 1982, S. 897-908, S. 899
  14. Gerhardt Nissen: Frühe Beiträge aus Würzburg zur Entwicklung einer Kinder- und Jugendpsychiatrie, in: Vierhundert Jahre Universität Würzburg. Eine Festschrift, hrsg. von Peter Baumgart, Verlag Degener & Co., Neustadt an der Aisch 1982, S. 935-949, S. 938 und 948
  15. Joachim Gerlach, a.a.O., S. 119-127

Siehe auch

Literatur

  • Stürzbecher, Manfred, "Gerhardt, Carl Jakob Christian Adolph" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 284 f. Onlinefassung
  • R. Schwab: Über die Bedeutung des Juliusspitals für die Entwicklung der Inneren Medizin, Sonderdruck aus der Festschrift zur Einweihung der wiederaufgebauten Pfarrkirche des Juliusspitals 1593, S. 22 f.
  • Joachim Gerlach: Carl und Dietrich Gerhardt. Beiträge zur Würzburger Medizingeschichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 4 (1986), S. 105-134
  • Ralf Vollmuth: Gerhardt, Carl Jakob Christian Adolf, in: Enzyklopädie Medizingeschichte, hrsg. von Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil und Wolfgang Wegner, Walter de Gruyter, Berlin und New York 2005, S. 478

Weblinks

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