Mariendarstellung Bronnbachergasse 18a

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Die Skulptur einer Mariendarstellung ist ein Baudenkmal im Stadtbezirk Altstadt.

Standort

Heutiger und historischer Standort: Ecke Bronnbachergasse 18a / Katharinengasse (historische Hausnummer: II. Distrikt Nr. 265 [1]).

Kurzinformation

Beschreibung

Strauß

Zitat aus: Martin Herbert Strauß: Hausmadonnen in Würzburg - Ihre kunstgeschichtliche Entwicklung von vor 1400 bis zur Gegenwart. (Dissertation, 1933) S. 46 ff.

„Noch der Massivität Petrinis entsprechend, aber doch ganz anders geartet als die vorhergegangenen Madonnen, tritt nun die Hausmadonna Bronnbachergasse 18a / Katharinengasse 1 in die Reihe ein. Auf den ersten Blick mag diese Darstellung (wieder an einer Hausecke) schwer, an die Materie gebunden erscheinen. Das bringt der in enger Gasse steil nach oben gerichtete Blick des Betrachters mit sich. Wohl ist eine solche plastische Hausfigur für Unteransicht bestimmt - sie erfüllt hier natürlich auch diese Bedingung - doch für eine genaue Betrachtung ist ein Herabsehen auf die Figur angebracht. Was von untern massiv und gedrungen wirkte, löst sich so allmählich auf zu malerischer Formfestigkeit bei der Draufsicht. Erinnern wie uns an die Nischenfigur am Marktplatz 32, wie da die Gewandfalten das Körperliche verunklarten, oder dem Bildhauer über Mängel seiner Darstellungskraft hinweghelfen sollten. Vergleichen wir diese mit unserer Madonna hier, so finden wir erst recht, daß ein Meister am Werke sein musste, der den Körper beherrschte, der über dem Durchschnitt des ausgehenden 17. Jahrhunderts stand und schon ins 18. Jahrhundert gehörte. Ferner werden wir finden können, daß der schwere Barock dieser Gruppe nicht aus Franken beziehungsweise Deutschland gewachsen sein kann, sondern daß italienische oder mehr noch niederländische Malerei und Plastik charakteristisch durchdringen. Der Bau, an dem die Madonna steht, stammt aus der Zeit um 1697. Allgemein wurde diese Figur auf 1700 angenommen. Diese Festlegung kann wohl beibehalten werden. Doch möchte ich hier einen Schritt weitergehen.

Daß diese Madonna nicht von einem der vorbesprochenen Meister der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammen kann, hat das gerade aus dieser Zeit besonders reich erhaltene und dargelegte Madonnen-Material aufgedeckt; nirgends könnten Anhaltspunkte für eine Einreihung oder Zuschreibung gefunden werden. Hier muß also eine neue Persönlichkeit an der Arbeit sein, die wir unter den Bildhauern des beginnenden 18. Jahrhunderts zu suchen haben. Noch enger können wir die Kreise ziehen, denn zwei Punkte müssen berücksichtigt werden; der Zeitpunkt 1700 und die ausgeprägte barocke Form, die maßgebend sind. Allein hieraus müßte die Festlegung schon auf einen Meister entfallen, der zu dieser Zeit bereits in Würzburg war und dabei ein eigentlicher Bildner des Barockstils war, wenn nicht noch weiter unten angegebene stilkritische Gründe dafür maßgebend wären. Es kann hier nur Jakob van der Auvera in Frage kommen. Er war 1672 in Mecheln geboren, seit 1700 in Würzburg und später mit der Tochter des niederländischen Malers Oswald Onghers verheiratet. Den schweren Barock brachte er als ein Zeitgenosse Peter Paul Rubens aus den Niederlanden mit; er wendet ihn in dieser Gruppe an in einem Himmelfahrts-Motiv, das gerade in der niederländischen Malerei oft Gegenstand künstlerischer Gestaltung gewesen war. Als ein in Stein umgesetztes Gemälde klingt auch diese Himmelfahrts-Gruppe in ihrem hochreliefmäßigen Charakter im Geiste Berninis an. So möchte ich die Annahme aussprechen, daß es sich in diesem Stück um eine seiner ersten Würzburger Arbeiten handelt. An den folgenden Beispielen, die seinen Stil der früheren Zeit charakterisieren, möchte ich dies näher dartun. Es ist wohl zu berücksichtigen, daß der späte Auvera, der 1760 starb, natürlicherweise einen gewandelten Stil aufweist, als der frisch und jung nach Würzburg kommende.

Maria schwebt hier über den Wolken im Strahlenglanz. Es ist der Augenblick, wo sie von Engeln gehoben, aller Schwerkraft entledigt, zum Himmel schwebt. Alles ist von der Tendenz des Erleichterns, von Unten nach Oben-Schwebens ergriffen. Unten sind dichte Wolken, die schon das Entrücktsein von der Erde andeuten; aus ihnen lugt ein rundbackiger Engel mit aufwärts gewandtem Gesicht heraus. Auf sein volles Lockenhaar setzt Maria ihren rechten Fuß. Dann kommen in der Komposition zwei ganzfigurige Engel zu beiden Seiten, die mit ihren kleinen Händchen fest zupacken und Maria hinaufheben. Das Streben des Hebens und das Schweben brachte der Meister sehr fein zum Ausdruck. Während der Putto unten in der Mitte der Gruppe nach oben sah, blicken die beiden Engelchen nach unten; sie beugen sich seitwärts, um - geschäftig wie sie sind - besser hinunter auf die Erde schauen zu können. Wie diese nackten Kinderkörperchen vollplastisch und natürlich in ihren Bewegungen (entsprechend den Puttis eines Rubens) modelliert sind, das erweist allein schon die Qualität des Meisters, vor dem kein barocker Bildner eine solche Gestaltung erbracht hatte. Es sind dies die ersten der von Jakob Auvera gebrachten und bis ins hohe Rokoko folgenden spezifisch Würzburgischen Kinder- und Puttenfiguren, die gleich in ihrem Anbeginn hier in solcher Vollkommenheit auftreten. Wie die beiden Engel Maria am Gewandsaum heben, rundet sich dieser zu einer Kurve, deren Linie nun die ganze Figur Marias beherrscht und in ein Oval des Linienspiels hineinbringt. Unter Marias Armen schauen nochmals zwei Putti heraus, gleichsam als sollten sie mithelfen, den Oberkörper Marias zu stützen und zu heben. Ueber dem eigentlichen engen Gewand der Madonna schwebt ein voller, gesonderter Gewandteil. Er geht vom linken Unterarm, hinter dem Kopfe vorbei, unter der erhobenen Rechten hindurch in großer Kurve über Marias rechtes Knie zum Ausgangspunkt zurück. Er trägt die Schuld, daß die Figur in der Untensicht massig und schwer erscheint und daß sie bis jetzt noch nicht den gebührenden Platz zugewiesen erhielt. Und doch ist es gerade dieser Gewandteil, der in seiner Materialität so trefflich das Emporschweben, das Sich-im-Wind-Fangen, das Bauschen durch den Luftzug, die vertikal aufwärts gerichtete Bewegung mit verdeutlicht. Das unter ihm liegende Seidenkleid Marias schmiegt sich ihren vollen Körperformen weich an. Um den Hals legt sich ein runder Kragen, an den Schultern spannt und faltet sich der Stoff, wie es nur genaueste Naturbeobachtung lehren kann. Um die Hüfte ist ein Band geschlungen, dessen Enden herabflattern. Ueber dem Gürtel fällt das Gewand in kleinem Bausch herum, ziehen sich weiche Falten zur Brust. Diese drückt sich durch den dünnen Stoff hindurch, plastisch und voll, während das Gewand sich darüber spannt und unter ihr naturalistisch wahre Fältchen zieht. Die Meisterschaft zeigt sich hier in der Behandlung des Gewandes über der Brust Marias. Trotz des so engen Anliegens, daß die Formen voll hervortreten, erweckt der Meister das Gefühl, daß sich Stoffliches um den Körper spanne - er malt gleichsam im Stein. Die Wiedergabe dieser blutvollen Körperfülle hätte nie einem fränkischen Künstler dieser Zeit gelingen können. Hier musste einer kommen, der malerische Sentimente mit höchstem Können vereinigen konnte. Je mehr man sich in diese Madonna vertieft, desto liebreizender wird sie erscheinen. Man soll sie nur nicht flüchtig von unten her betrachten wollen, sondern eingehend aus größerer Nähe und man wird erkennen müssen, daß eine der schönsten der so zahlreichen Würzburger Hausmadonnen, eine Arbeit aus Jakob van der Auveras Meisterhand sich hier erhalten hat.

Die Durchbildung des Kopfes der Madonna ist typisch für Auveras Stil. Hier ist er ins Profil gedreht, gottergeben blickt das Auge in höhere Sphären, weich und voll wallt das reiche Haar um den Kopf, einen schönen Hals freilassend. Wie zärtlich schlängeln sich zwei Löckchen auf der rechten Schulter! Hatte das nach Riemenschneider je ein Würzburger Bildhauer schaffen können? Wie das Gesicht hier der Spiegel des Geschauten, Uebersinnlichen ist, drückt die Pose der beiden Hände in unwillkürlichem Bewegungsablauf das Empfinden Marias aus.

Nun sei zum Beweis der Urheberschaft Auveras dessen große Brunnengruppe im Garten des Juliusspitales herangezogen, die 1706 von ihm begonnen wurde. Die Figuren der Wassergöttinnen mit den gleichen, runden und vollen Körperformen wie die Madonna, zeigen in ihrer Körperlichkeit die nämliche Meisterhand. Besonders der Halsansatz mit dem seitlich gedrehten Kopf ist bei beiden Beispielen übereinstimmend. Was aber am meisten auffällt, ist die bisher und auch noch danach ungewohnte Wiedergabe des blonden Haares in lockeren, weichen Wellen, die nichts Stilisiertes oder Summarisches mehr an sich haben, und das fleischige Gesicht mit dem festen, runden Unterkiefer und der geraden Nase.“

Kuhn

Rudolf Edwin Kuhn beschreibt die Plastik ausführlich im Vergleich mit der Himmelfahrt am Tympanon der Neumünsterfassade. [2]

Bildergalerie

Einzelnachweise

  1. Uraufnahme im geoportal.bayern.de/bayernatlas
  2. Rudolf Edwin Kuhn: Die Madonnenplastik Würzburgs in der zweiten Hälfte des 17. und im 18. Jahrhundert. Dissertation, 1943. S. 168 ff.

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